Interessengemeinschaft zur Rettung des Vehnemoores

Diskussion

Donnerstag, 02. Dezember 2010 von Hergen

Im LandesRaumOrdnungsProgramm LROP werden unteranderem Flächen aufgeführt, die für Abtorfung vorgesehenen sind. In den sogenannten „Vorranggebieten für Rohstoffgewinnung“ ist die Ausbeutung dieser Rohstoffe privilegiert gegenüber anderen Nutzungen. Da das LROP z.Z. novelliert wird, gibt es auch zahlreiche Einwendungen und Änderungswünsche zu potentiellen Abtorfbreichen.
Wir möchten hier einige Positionen darstellen und mit Ihnen diskutieren.

Die Karte zum LROP ist unter www.lrop-online.de einsehbar.

Grüne Niedersachsen:

GRÜNE fordern Streichung neuer Torfabbauflächen im Landesraumordnungsprogramm

CDU und FDP betreiben Bevorratungspolitik für Rohstoffindustrie

Die Landtagsgrünen wollen die massive Ausweitung der Flächen für den Torf-, Gips-, Kies-, Sand- und Gesteinsabbau verhindern. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christian Meyer kündigte am Mittwoch (heute) einen entsprechenden Änderungsantrag seiner Fraktion zum neuen Landesraumordnungsprogramm der Landesregierung an. „Die CDU-FDP-Regierung betreibt Bevorratungspolitik für die Rohstoffindustrie zu Lasten der Natur und der Anwohner“, sagte der Grünen-Politiker.

Die Grünen kritisieren insbesondere die Ausweitung großflächiger neuer Torfabbaugebiete. „Die Zerstörung der letzten niedersächsischen Moore ist extrem klimaschädlich“,  sagte Meyer. In der parlamentarischen Initiative werden die Streichung aller neuen Torf- und Gipsabbaugebiete und eine massive Reduzierung beim Kies, Sand- und Gesteinsabbau vorgeschlagen. Zur Deckung der durch den Rohstoffabbau entstehenden Folgekosten soll, so wie es schon in Nordrhein-Westfalen geplant ist, eine ökologisch gestaffelte Rohstoffabgabe auf die betreffenden Bodenschätze eingeführt werden. „Offenbar will die Landesregierung angesichts eines möglichen Regierungswechsels 2013 der Rohstoffindustrie weitgehende Zugriffsrechte sichern“, sagte Meyer. Die Grünen unterstützen die Bürgerinitiativen, Umweltverbände und Kommunen, die sich dagegen zur Wehr setzen, um die negativen Folgen für Tourismus, Landschaftsbild und Naturschutz zu verhindern.

Der BUND Ammerland hat Änderungen in den Hochmoorbereichen im Ammerland kommentiert:  LandesRaumOrdnungsProgramm BUND

Einige Gedanken von Hergen Erhardt (IVM):

GRÜNE fordern Streichung neuer Torfabbauflächen im Landesraumordnungsprogramm

Eine der schwierigen Forderungen.

Es geht um die Vorranggebiete für Rohstoffgewinnung (Torf). Naturnahe Hochmoore sind geschützt oder jetzt schon in Abtorfung. Das Augenmerk der Torfindustrie liegt seit Längerem auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, zumeist Grünland, unter denen noch ausreichend Torf vorhanden ist.

Auf diesen Flächen tummeln sich viele Interessen.

Landwirtschaft: nutzbare Flächen sind z.Z. knapp. Torfabbau mit anschließender Nutzungseinschränkung (extensives Grünland) oder Nutzungsende durch Naturschutz ist unerwünscht. Vielerorts wird tiefumgebrochen oder gekuhlt, um die Standortverhältnisse auch für Maisanbau einzustellen. Dann ist weder Torfabbau noch Naturschutz möglich. Durch Bewirtschaftung und Aufkalkung, Abtrocknung und Belüftung zersetzt sich der Torf. Langfristig sind diese Standorte weder landwirtschaftlich noch für den Hochmoorschutz nutzbar.

Torfwirtschaft: die großen zusammenhängenden Hochmoore sind ausgebeutet. Daher werden die landwirtschaftliche Flächen Torfwirtschaft immer interessanter. Dabei werden bevorzugt kleinere Flächen bis 10 ha zur Abtorfung beantragt, um eine umfassende, großräumige Planung zu umgehen.

Siedlung: in Ortsrandlagen kommt der Flächendruck der Siedlungsentwicklung hinzu.

Naturschutz: für den Naturschutz sind große zusammenhängende Flächen, die wiedervernäßt werden können, zur Wiederbelebung der Hochmoore essentiell. Gekuhlte und besiedelte Flächen sind verloren. Nach momentaner Genehmigungspraxis werden Flächen nach erschöpfender Abtorfung (bis auf 50 cm über mineralischem Untergrund) wiedervernäßt und in den Naturschutz entlassen.

Die Bedeutung des Hochmoorgrünlandes für den Wiesenvogelschutz ist durch die Intensivierung der Bewirtschaftung gefährdet.

CO²-Senke: Hochmoore speichern CO², lebende Hochmoore akkumulieren es sogar. Durch die Abtorfung werden in kurzer Zeit große Menge CO² freigesetzt. Durch die landwirtschaftliche Nutzung allerdings auch, nur über einen längeren Zeitraum verteil.

Intensive Landwirtschaft und Torfwirtschaft sind gleichermaßen negativ für die Moore. Wobei die Landwirtschaft die langfristig größeren Belastungen bringt. In Bereichen, die in der jetzigen Form nicht als NSG ausgewiesen werden können, wird der Naturschutz erst nach der Abtorfung eine Chance haben. Nach jetziger Genehmigungslage ist nach Abtorfung Naturschutz vorgesehen. Die berechtigte Frage ist, wie lange das Bestand hat. Wann werden die ersten Ausgleichsflächen und wiedervernäßten Moore dem Flächen bedarf geopfert.

Aber intensive Landwirtschaft ist auf Hochmoor die schlechteste aller Optionen. Wenn die Hochmoorgrünländer aus dem LROP fallen, sie sie für die Natur in jedem Fall verloren. Ich wäre mit den Streichlisten vorsichtig und würde fragen, wer da warum etwas streichen möchte. Die Kommunen möchten Abtorfung und Naturschutz loswerden, um Landwirte und Siedlung zu bedienen.

Im ILEK – Arbeitskreis Kulturlandschaft ging es genau um diese Konflikte am Beispiel Kleefeld. Da wurde die Gemeinde Edewecht beauftragt einen Runden Tisch einzuberufen, um einen Kompromiss für alle Interessenten zu finden.

Ich denke, wir werden nicht alle Hochmoorstandorte schützen können, aber ohne den Trumpf der Verpflichtung „Naturschutz nach Abtorfung“ werden wir nicht mal an den Katzentisch gebeten. Bei den immensen wirtschaftlichen Interessen wird es ohnehin schwer genug.

2 Antworten zu “Diskussion”

  1. Uwe He-Wi sagt:

    Die einzigen geplanten Änderungen im LROP für den Bereich der Gemeinde Edewecht betrifft die Flächen zwischen dem Hogenset und dem NSG Vehnemoor (jetzt noch Torfabbaufläche) in Husbäke. Dort ist genau das eingetreten, was Hergen befürchtet, die Flächen wurden von den Landwirten gekuhlt und sind somit für einen Torfabbau nicht mehr brauchbar. In dieser Konsequenz sollen diese Flächen nun künftig nicht mehr als Vorranggebiet gelten. Damit haben die Landwirte in diesem Bereich „gute“ Vorarbeit für ihre Interessen geleistet. Naturschutz wird auf diesen Flächen also nicht mehr kommen. Auch wenn es uns schwer fällt und nicht in den üblichen Rahmen passt, sollten wir Hergens Gedanken ernsthaft diskutieren. Und wenn die Torfindustrie schon an diesem Umweg zur Renaturierung der Moore verdient, könnte diese „Symbiose“ dazu genutzt werden, die Torfindustrie mit ins Boot zu bekommen, z.B. zu Finanzierung eines „Haus im Moor“ für das Vehnemoor.

  2. Susanne sagt:

    Die Ausführungen von Hergen Erhardt kann ich grundsätzlich unterstützen. Es ist in jedem Fall so, dass jede Hochmoorgrünlandfläche, die gekuhlt, entwässert, gegüllt, ständig neu angesät und intensiv oder gar als Acker genutzt wird, eine enorme CO2-Ausgasung verursacht, zu einem Abbau des Torfes führt (und zwar ohne offiziellen Torfabbauantrag!) und die Lagerstätte wie auch den Hochmoorstandort dauerhaft vernichtet. Wie stark das bereits stattfindet – und zwar bis in den allerletzten kaum zugänglichen Winkel unserer Landschaft – habe ich beispielsweise in diesem Jahr östlich der Weser erkennen müssen, wo es auch noch ausgedehnte Moore gibt. Auf diese Weise werden die Hochmoore systematisch und flächendeckend zerstört – und das in rasender Geschwindigkeit. Allein in den letzten zwei Jahren ist das Hochmoorgrünland im Kehdinger Land nordwestlich von Stade in kaum vorstellbarem Umfang intensiviert worden. Diese Flächen sind für den Hochmoorschutz (und den Torfabbau) unwiederbringlich verloren, weil die Intensität der Nutzung in der Regel ja nicht zurückgeschraubt wird. Was das Ausmaß des daraus resultierenden Umweltschadens angeht, geht ins Unermessliche.

    Mit der Option „Torfabbau“ und anschließender Überlassung für den Naturschutz könnte man vielleicht tatsächlich mehr bewirken. Es gibt allerdings Bereiche, wie z. B. das Hankhauser Moor, die als große Hochmoorgrünlandkomplexe erhalten bleiben sollten. Das sind ja bald die letzten ihrer Art. Die Frage ist nur: Wie kann das gelingen – ohne Torfabbau.

    Das Ganze ist schon ein wenig krotesk: Als Natur-/Moorschützer ist man gut beraten, sich mit der Torfindustrie zusammentun, damit überhaupt noch eine Chance besteht, Moorflächen zu erhalten oder sie wenigstens in den Zustand zu versetzen, dass sie sich regenerieren können. Das Problem liegt eigentlich ganz woanders, nämlich in der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung, die dem Flächendruck geschuldet ist. Es liegt aber auch in dem fehlenden Respekt gegenüber den natürlichen Standortverhältnissen und der nachlassenden Liebe des Landwirts zu „seiner“ Fläche und den Besonderheiten des Bodens, der ihn und andere ernährt.

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